Homöopathie und Hausmittel

Schon als Kind hat mein Mami, wenn wir krank waren, auf natürliche Heilmittel (Globuli und Wickel) gesetzt. Das habe ich von ihr übernommen. Ich lege Quark auf meinen Sonnenbrand oder auf geschwollene Gelenke, damit es kühlt und abschwellt. Die Essigsocken, um das Fieber zu senken, finden unsere Kinder aufgrund des Geschmackes weniger prickelnd. Das Johanniskraut sammle ich, um Rotöl anzusetzen. Damit reibe ich schmerzende Gelenke ein. Ich schätze meinen Garten und bin sehr dankbar für alles was darin wächst. Ich liebe den Duft der verschiedenen Kräuter, ganz besonders der Lavendel. Jedes Mal, wenn ich an ihm vorbei gehe, streiche ich mit meiner Hand darüber. Das entlockt ihm seinen unverkennbaren Duft.

Homöopathie fasziniert mich schon seit einigen Jahren. Ich traute mich nicht, bei den Tieren die Homöopathie anzuwenden. Ich dachte, ich hätte viel zu wenig Erfahrung. Eigentlich wusste ich schon seit längerer Zeit, dass homöopathische Mittel die Selbstheilungskräfte, die in jedem Körper schlummern, gezielt aktivieren können. Wenn das Mittel nicht wirkt, wird es einfach wieder ausgeschieden. Trotzdem habe ich erst im Februar dieses Jahres einen tägigen Kurs auf der Rütti bei Brigit Gnadl besucht. Ihr Buch hatte ich bereits zu Weihnachten erhalten. Ich habe darin gelesen und das eine oder andere ausprobiert. Anfangs waren zwei Mittel wichtig für mich: Arnika und Aconitum (Eisenhut). Bei all den vielen, verschiedenen Mitteln war es einfacher für mich, nur mit diesen anzufangen. Die sind immer in einer Sprühflasche griffbereit. Ob zuhause im Stall oder auf der Alp, die kommen immer mit. Arnika gebe ich bei Verletzungen und blutenden Wunden. Unsere Kuh Vanessa hatte im Sommer die Schale ihres Horns abgeschlagen. Als sie neulich mit blutendem Horn in den Stall kam, spritzte ich ihr dreimal Arnika auf die Nase und ein paar Minuten später stillte die Blutung ab. Ausserdem erhalten Kuh und Kalb nach der Geburt ebenfalls Arnika. Dies hilft gegen Verletzungen das Geburtsweges und zur Beschleunigung vom Nachgeburtsabgang. Es hilft Entzündungen vorzubeugen oder nach einer Operation beugt es Wundstarrkrampf vor. Wichtig zu beachten ist, dass Arnika erst nach der Operation verabreicht wird. Es sollte nicht vor einer Operation eingenommen werden, da Arnika blutverdünnend wirkt und zu hohem Blutverlust führen kann.

Aconitum brauche ich sehr oft. Es ist das erste Hilfsmittel bei Frösteln, Klauenpflege und Umstallungen (nach Möglichkeit am Montag, da gewöhnen sich die Tiere schneller an – gemäss Mondkalender.).  Es hilft Furcht, Angst und Sorge schneller zu vergessen. Wenn wir die Ohrmarke setzen, spritze ich dem Kalb das Mittel dreimal auf die Nase. Ebenso wenn wir ein Kalb verkaufen oder wenn wir auf die Alp ziehen. Die Tiere verhalten sich dadurch viel ruhiger und gelassener. Auch wenn sich ein Tier plötzlich nicht mehr gleich verhält wie gewöhnlich, nervös ist oder einfach komisch aus der Wäsche schaut (wie wir sagen), dann gebe ich auch Aconitum. Dies gebe ich prophylaktisch, da ich noch nicht weiss, was ihm fehlt. Ich denke, wir beobachten die Tiere viel besser, seit wir mit Homöopathie behandeln. Im Buch von Birgit Gnadl wird sehr genau beschrieben, welches Mittel bei welchen Symptomen verabreicht werden sollte. So erleichtert es mir die Wahl und ich komme schneller zum Entschluss, welches Mittel die richtige Wahl ist.

Im Sommer 2019 hatte Sheila an der Wange einen Einfranken-grossen, warzenähnlichen «Knubel». Sie hatte kein Fieber, frass normal und war wohl auf. Als er grösser wurde, und eher störend wirkte, band ich ihn mit einem Faden ab, in der Hoffnung er würde verschwinden, wie er gekommen war. Eines Tages war er abgefallen. Leider wuchs er im Herbst wieder, da versuchte ich ihn erneut abzubinden, ohne Erfolg. Er wurde von Tag zu Tag grösser – man konnte völlig zusehen. So sprühte ich Sheila alle drei Tage Thuja occidentalis (gewöhnliche Thuja) auf. Er wuchs weiter, eher nach aussen und nicht in die Breite. Es sah fast so aus, als ob das schlechte Gewebe nach aussen gestossen wurde. Nach ein paar Wochen, als ich schon aufgeben wollte, fiel ein grosses Stück ab. Bis heute ist es nicht wieder gekommen. Die Stelle ist schön verheilt und wieder mit Haaren bedeckt.

Rund um die Geburt gibt es sehr viele Mittel.

Diesen Herbst sollte das Rind Sonja ihr Kalb zur Welt bringen. Sie hätte ihr Kalb bereits seit einigen Tagen auf die Welt bringen sollen. Um die Geburt anzuregen, gab ich ihr einmal am Tag Caulophyllum (Indianerwiege). Das Gute an diesem Mittel ist, dass es nur wirkt, wenn Kuh und Kalb bereit sind zur Geburt. Nach der zweiten Gabe hat sie glücklicherweise ein gesundes Kalb zur Welt gebracht. Ich bin immer sehr dankbar über dieses Wunder. Nach der Geburt erhält die Kuh zudem lauwarmes Wasser mit Apfelessig. Am Tag darauf erhält die Kuh Bellis perennis (Gänseblümchen), das fördert das Zusammenziehen der Gebärmutter. Am zweiten Tag verabreiche ich Sabina (Gift- Wacholder), das hilft besser zu versäubern.

Meistens spüren die Tiere, dass man ihnen helfen will. Die meisten mögen es, bei den anderen nehme ich eine Spritze, ohne Nadel und gebe das homöopathische Mittel direkt ins Maul. Damit ich immer wieder nachschlagen kann und den Überblick behalte, führe ich ein Journal. Da steht das Datum, der Name der Kuh, die Symptome, das Mittel, das ich verabreiche, und die Dauer und Häufigkeit der Behandlung. So weiss ich immer genau, wie ich behandelt habe und ob es gewirkt hat.

Bei Erkrankungen der Lunge bin ich allerdings sehr vorsichtig. Im Gegensatz zum Pferd hat die Kuh eine relativ kleine Lunge. So können schon nach kurzer Zeit grosse Schäden entstehen, wenn man nicht das richtige Mittel wählt. In solchen Fällen ist es besser sofort den Tierarzt beizuziehen. Bei leichtem Husten mische ich Thymian unter das Kraftfutter oder bei den Kälbern in die Milch.

Ebenfalls ein sehr heikles Thema ist das Trockenstellen. Wir stellen unsere Kühe schon seit Jahren immer am Freitagmorgen trocken. (Das steht im Zusammenhang mit dem Mond. Freitags nimmt der Körper die Globuli besser auf). In der Woche davor melken wir nur noch morgens. Am Freitagmorgen wird dann das letzte Mal gemolken. Mit der Aufklärung der Antibiotikaresistenz mussten wir uns Gedanken machen, wie wir unsere Tiere trockenstellen können. Im Homöopathiekurs von Birgit Gnadl war das auch ein wichtiges Thema. Sie hat uns aufgezeigt, dass es möglich ist mit Globuli den Milchfluss zu regulieren. Mit Phytolacca americana (Amerikanische Kermesbeere) wird der Milchfluss und die Milchproduktion bei jedem Melkgang angeregt. Im Gegenzug, beim Aussetzen des Melkens, signalisiert das Mittel dem Körper das Gegenteil, nämlich die Milchproduktion einzustellen. Wichtig beim Trockenstellen ist, dass mindestens jeden zweiten Tag das Euter kontrolliert wird. Bei allfälligen Veränderungen, bzw. Verhärtungen, muss das Sekret ausgemolken werden. Wir stellten im Sommer unsere Lieblingskuh Fanny trocken und nach einer Woche hatte sie Verhärtungen. Ich habe das gelbe Sekret ausgemolken und mit Bryonia (Weisse Zaunrübe) behandelt. Die Verhärtung hat sich zurückgebildet. Als sie im Herbst ihr Kalb zur Welt gebracht hatte, kam die Milch anfangs wie gewohnt. Drei Tage nach der Geburt kam aus einer Zitze nur noch flockenweise, gestockte Milch. Dies ist ein eindeutiges Zeichen für eine Entzündung in einem Euterviertel. Fieber hatte sie jedoch nicht. Trotzdem zögere ich in solchen Situationen nicht lange und rufe den Tierarzt an. Er konnte nicht sicher bestimmen, warum die Milch nicht richtig floss. Leider konnte er auch nicht verhindern, dass das Drüsengewebe so sehr beschädigt wurde, dass Fanny die Milchproduktion im betroffenen Euterviertel verlor. In solchen Situationen wird mir immer wieder bewusst, wie nahe Freude und Leid beieinander sind. Wir erfreuen uns jedoch an einem gesunden Kuhkalb. Und auch Fanny ist wieder wohlauf – auch wenn nur noch mit drei funktionierenden Eutervierteln.

Im Herbst, wenn wir von der Alp ins Tal kommen, sind die hochträchtigen Rinder zusammen mit den Kühen auf derselben Weide. Es kommt oft zu Machtkämpfen. Da die Rinder und Kühe im Sommer nicht auf der gleichen Alp sind, müssen die Machtverhältnisse im Herbst neu geregelt werden.  Fast täglich brauche ich Arnika und Wundheilsalbe für die Behandlung von kleineren Verletzungen. Auch nach ein paar Wochen wird immer wieder versucht die amtierende Regentin vom Thron zu stossen.

Seit kurzem hebt Fiona ihren Schwanz nicht mehr. Ich vermute, dass sie Hämorrhoiden hat. Zuerst habe ich Hamamelis (virginische Zaubernuss) angewendet. Das hat keine grosse Änderung gebracht. Auch Nux vomika (gewöhnliche Brechnuss) hat nur anfänglich gewirkt. Also versuchten wir es auf Grossvatersart mit Butter. Das hilft immer. Für mich sind Homöopathie und natürliche Heilmittel eine grosse Bereicherung. Ich bespreche das Vorgehen immer zuerst mit meinem Mann. Er hat eine grosse Beobachtungsgabe und sieht manchmal Dinge, die ich übersehe. Um weiteren Rat, kann ich immer bei einer Freundin anrufen. Ich versuche immer zuerst auf diese Weise zu heilen. Ich bin mir bewusst, dass es nicht immer möglich ist. In manchen Situationen ist der Einsatz von Antibiotika lebensrettend. In solchen Fällen unterstütze ich mit Sulfur (Schwefel), das hilft dem Körper das Antibiotikum danach auszuleiten. Ganz nach dem Motto: “Das richtige Mittel, zur richtigen Zeit.”

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